Zusammenfassung
- Die Weltklimakonferenz COP29 wird auch als „Finanz-COP“ bezeichnet, da sich die Verhandlungsführer auf ein neues globales Ziel für die Finanzierung des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel in den Entwicklungsländern einigen wollen
- Da sich der Mittelbedarf für Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen auf hunderte Milliarden US-Dollar beläuft und die öffentlichen Finanzen angespannt sind, ist zu erwarten, dass der Privatsektor einen Großteil dieser notwendigen „Klimafinanzierung“ übernehmen muss
- In diesem Artikel erläutern wir die Sichtweise von Columbia Threadneedle Investments zu einigen der wichtigsten Maßnahmen, die Regierungen in Betracht ziehen sollten, um die Klimafinanzierung für Anleger attraktiver zu machen
Die Ziele der COP29
Die Weltklimakonferenz COP29 findet vom 11. bis zum 22.November in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku statt. Auf der Konferenz soll es insbesondere darum gehen, ein neues Ziel für die Bereitstellung von Mitteln zur Klimafinanzierung für Entwicklungsländer festzulegen. Dieses soll das 2009 festgelegte Ziel von 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr ab 2020 ablösen.
Seit dieses Ziel vereinbart wurde, sind die Schätzungen über die Höhe der benötigten Finanzmittel in die Höhe geschnellt. Grund dafür ist vor allem, dass physische Klimarisiken stärker und schneller als erwartet eingetreten sind. Die Schätzungen gehen weit auseinander, aber eine Analyse der Unabhängigen Hochrangigen Expertengruppe für Klimafinanzierung (Independent High-Level Expert Group on Climate Finance)1 geht davon aus, dass der Bedarf der Entwicklungsländer (ohne China) bis 2030 auf etwa 2,4 Billionen US-Dollar pro Jahr ansteigen wird. Dieser Finanzbedarf umfasst die Unterstützung der Energiewende, die Anpassung an den Klimawandel und die Entschädigung für Verluste und Schäden durch zunehmende extreme Wetterereignisse.
Bei den Gesprächen über dieses Ziel – das sogenannte „New Collective Quantified Goal on Climate Finance“ (NCQG) – wird es nicht nur um den Gesamtumfang der benötigten Finanzmittel gehen, sondern auch um die Frage, wie viel der Privatsektor dazu beitragen könnte. Eine erhebliche Aufstockung der staatlichen Finanztransfers von den Industrieländern an die Entwicklungsländer gilt angesichts der Haushaltslagen als sehr schwierig zu realisieren. Laut einer aktuellen Schätzung des Internationalen Währungsfonds wird die weltweite Staatsverschuldung bis Ende 20242 zum ersten Mal die Marke von 100 Billionen US-Dollar überschreiten. Viele Industrieländer sehen sich zudem mit den Kosten der eskalierenden Wetterextreme vor Ort konfrontiert, was ihren Spielraum für die finanzielle Unterstützung anderer Länder zusätzlich einschränkt.
Die Konferenz fällt außerdem zeitlich mit der neuesten Aktualisierung der nationalen Klimabeiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) zusammen, die die Länder seit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 alle fünf Jahre anpassen und nunmehr zum dritten Mal festlegen. Mit diesen nationalen Klimaplänen, die Anfang 2025 vorgelegt werden sollen, wird der zeitliche Horizont erstmals von 2030 bis 2035 verlängert. Die Verhandlungsführer werden sich bei den Gesprächen in Baku sowohl über den Inhalt dieser Pläne austauschen als auch darüber, wie ambitioniert sie sind. Neben den vorwärts gerichteten NDCs müssen die Länder erstmals auch zweijährige Transparenzberichte (Biennial Transparency Reports, BTRs) vorlegen, in denen die Fortschritte im Vergleich zu den Verpflichtungen festgehalten werden.
Die Ansicht von Columbia Threadneedle zur Energiewende
Wir glauben, dass die Umstellung des globalen Energiesystems auf sauberere Energiequellen zu einer Umgestaltung der Wirtschaft und einer Veränderung vieler Branchen führt. Unser jahrzehntelanges unabhängiges Research und das Engagement zu diesem Thema bei Emittenten verschaffen uns Einblicke in die Art und Weise, wie bestimmte Unternehmen und Sektoren verschiedene finanziell bedeutende Risiken und Chancen im Zusammenhang mit der Energiewende angehen.3
Staatliche Eingriffe wie CO2-Preismechanismen, Subventionen und Regulierung können eine wichtige Rolle für die relative Wirtschaftlichkeit verschiedener Energietechnologien spielen und beeinflussen, wie Anleger ihr Kapital einsetzen. Wir verfolgen die politischen Entwicklungen genau, um zu verstehen, wie sie sich auf wichtige energieintensive Sektoren auswirken.
Das Fehlen einer unterstützenden, klaren und gut durchdachten Politik behindert jedoch Investitionen des Privatsektors in die Energiewende. Aus diesem Grund wird sie von Land zu Land in einem sehr unterschiedlichen Tempo umgesetzt. Konkurrierende nationale Strategien und eine komplexe und sich verändernde Politik können durchaus bestimmte Vorteile für Anleger haben, die dank ihrer Research-Kompetenzen imstande sind, über bestehende Unsicherheiten hinauszublicken und Chancen zu erkennen. Allerdings schaffen sie auch Probleme im Hinblick auf langfristige, umfangreiche Veränderungen der Kapitalströme. Daher würden Anleger wie Columbia Threadneedle, soweit möglich, von stabileren und effektiveren politischen Rahmenbedingungen profitieren. Diese ermöglichen es uns, die Auswirkungen der politischen Maßnahmen auf Unternehmens- und Sektorebene zu analysieren und sie in unseren Anlagethesen zu berücksichtigen.
Welche Ergebnisse der COP29 würden zu einer höheren Finanzausstattung für den Übergang beitragen?
Die Regierungen haben die Möglichkeit, Anlegern mit den in Kürze vorliegenden neuen NDCs mehr Transparenz und Klarheit über die langfristige Richtung der Klimapolitik zu geben – insbesondere angesichts der Verlängerung bis 2035 und der Vorlage von zweijährlichen Transparenzberichten. Aus unserer Sicht sollten in diesen Dokumenten zwei wichtige Fragen angesprochen werden:
- Wie planen die Regierungen die Umsetzung hoher langfristiger Ziele in sektorspezifische Umstellungspfade? Anleger wie wir würden es begrüßen, wenn sie Einzelheiten über die Übergangspläne für wichtige emissionsintensive Sektoren wie Elektrizität, Verkehr und Schwerindustrie erhielten, beispielsweise Angaben zur Ambitioniertheit und zu den wichtigsten politischen Hebeln, damit wir diese in unser Research einbeziehen können. In der Vergangenheit waren die NDCs wenig detailliert und waren somit nur von begrenztem Nutzen für Anleger.
- Welche Anpassungsstrategien gibt es? Da sich die wirtschaftlichen Auswirkungen von Wetterextremen immer stärker manifestieren, haben wir unser Research auf die Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Anlagen konzentriert.4 Wir sind der Ansicht, dass die staatliche Planung von Anpassungsmaßnahmen neben dem Klimaschutz immer wichtiger wird.
Außerdem halten wir es für wichtig, dass im Rahmen der COP auch die Sorgen der Anleger wegen des in manchen Schwellenländern bestehenden Mangels an eindeutigen Regeln für Verfahren, Standards und Garantien zur erfolgreichen Realisierung von Projekten anerkannt und berücksichtigt werden. Die Klimafinanzierung muss durch politische Maßnahmen, Regulierung und finanzielle Rahmenbedingungen ergänzt werden, die Investitionen begünstigen. In vielen Schwellenländern fehlen diese jedoch. Qualitativ hochwertige NDCs können dazu beitragen, mehr Klarheit zu schaffen. Außerdem besteht Spielraum für eine aktivere Rolle internationaler Organisationen wie beispielsweise Entwicklungsbanken, um ein günstigeres Umfeld für internationale Investitionen zu schaffen, unter anderem durch die Stärkung der Governance und des Rechtsrahmens.
Die Vorarbeit für die COP30 in Brasilien
Die nächste COP, die 2025 in Brasilien stattfinden wird, markiert den zehnten Jahrestag der Unterzeichnung des bahnbrechenden Pariser Abkommens. Zu diesem Anlass wird eine Bestandsaufnahme der neuen NDCs im Vergleich zu den 2015 zwischen den Unterzeichnerstaaten vereinbarten Zielen vorgenommen. Qualitativ hochwertige, für Anleger relevante NDCs werden dazu beitragen, den Weg zu diesem richtungsweisenden Treffen zu ebnen.
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